Pfarrvikar Walter Humm: Einführung in die Vernissage
„Oh Gott, diese Frauen!“ Auch von meiner Seite ein herzliches Grüß Gott. Ich bin schon ein wenig nervös, predigen mag ich, ein Eröffnungsrede für eine Ausstellung habe ich noch nie gehalten. Deswegen auch nicht frei, wie gesprochen. 1. Wie kam es zu dieser Ausstellung mit Bezug zum Kontext? Mehr erfahren ...
Pfarrerin Katharina Roos stellt die erste Christin vor: Lydia
Ich habe die Ehre, den Anfang zu machen, denn sie war die Erste. Die erste Christin auf europäischem Boden. Jedenfalls, wenn man der Apostelgeschichte glauben darf, begann es mit dieser eindrücklichen Frau damals in Philippi.
Miriam, die Schwester von Mose, wurde uns von Gudrun Kohlruss vorgestellt.
Zum Auftakt sangen wir ein gemeinsames Lied mit Chorleiterin der Bruder Klaus Gemeinde. Sehr leidenschaftlich erzählte sie uns von den drei Szenen aus der Bibel. Ihre Verantwortung als Mose im Binsenkörbchen ausgesetzt wurde – Beim gelungen Ausszug aus Ägypten das Siegeslied und als drittes der Streit mit ihren beiden Brüdern. Zum Abschluss sang sie eine Arie von Georg Friedrich Händel aus dem Oratorium „Josua“: O‘ hätt ich Jubals Harf und Mirjams süßen Ton.
Die Samariterin – Die Begegnung der dauernden Grenzüberschreitung
Mechthild Carlé zeigte anhand des Bibeltextes die andauernde Grenzüberschreitung auf, die in diesem Text vorhanden ist. Am Ende wird die Samariterin Zeugin des Evangeliums, so dass viele Menschen zum Glauben kamen. Mechthild Carlé gibt uns folgende Fragen mit auf den Weg:
Wer oder was schenkt mir lebendiges Wasser?
Welche Wüstenzeiten kenne ich?
Wie werde ich zur Quelle für andere?
Wie können wir selbst das Geschenk des lebendigen Wassers an unsere Gemeinschaft weitergeben? Was schenkt mir die Frau aus Samaria - einen Gedanken – eine Hoffnung – eine Ermutigung?
In welcher Situation meines Lebens habe ich einmal bewusst das Gefühl gehabt: Gott nimmt mich wahr, Gott sieht mich an?
Magnifikat – Botschaft, die überzeugt
Tabea Maillet erzählte sehr authentisch, wie sie durch das Magnifikat einen Zugang zu Maria gefunden hat. Wir wurden Zeugen eines Glaubenszeugnisses, welches vom Magnifikat herkommt und mich, als einen bodenständigen Marienverehrer, zum Staunen brachte. Worte über Maria, die mir so noch nicht zu Ohren gekommen sind. Maria ist die erste Verkünderin des Glaubens an Jesus Christus, noch vor den Aposteln beim Pfingstereignis, hat sie diesen Geist Gottes empfangen. Die sozialkritische Botschaft des Magnifikats eröffnete Tabea Maillet einen Bezug zu Maria und ich bekam durch ihr Zeugnis eine neue Quelle der Inspiration für meine Marienfrömmigkeit. Vergelt´s Gott!
Walter Humm
Pfarrvikar Walter Humm: Einführung in die Vernissage „Oh Gott, diese Frauen!“
Auch von meiner Seite ein herzliches Grüß Gott.
Ich bin schon ein wenig nervös, weil predigen mag ich, ein Eröffnungsrede für eine Ausstellung habe ich noch nie gehalten. Deswegen auch nicht frei wie gesprochen.
1. Wie kam es zu dieser Ausstellung mit Bezug zum Kontext?
2. Kritischen Blick auf meine Biographie hinsichtlich dieses Themas
3. Wozu machen wir diese Ausstellung?
4. Kurzer Überblick über die 9 Abgebildeten und die 9 Personen, die biographisch behandelt werden.
Zu 1:
Diese Ausstellung beginnt mit der Lebensgesichte von Dorothee Wyss, verheiratet mit Nikolaus aus Flüe, der in die Geschichte als Bruder Klaus einging. Sie merken schon in diesem Teil, der Ausgangspunkt ist Dorothee Wyss. Die Beschäftigung mit Dorothee und ihrem Mann Nikolaus hat in der Kirchengemeinde schon eine lange Tradition. Dies ist exemplarisch an den Lieder abzulesen, die wir heute als Teil der Predigt gehört haben.
Ohne Dorothee Wyss hätte die katholische Kirche keinen Bruder Klaus als Schutzpatron für Europa. Dorothee Wyss ist die Geburtshelferin von Bruder Klaus. Leider wird diese Geschichte so von meiner Amtskirche nicht sichtbar gemacht. Die letzten Jahre haben wir uns wieder neu mit Dorothee und ihrem Mann Nikolaus beschäftigt. Diese Erkenntnis, dass Dorothee die Geburtshelferin für Bruder Klaus ist, kam mir im Laufe der Beschäftigung, als wir uns die letzten Jahre im Liturgieteam auf das Patrozinium vorbereitet haben.
Über die Kirchengemeinde hinaus gibt es auch eine kirchenpolitische Seite.
Dies ist erstens bedingt durch den feministischen Blick, welcher auch in die Theologie Einkehr gehalten hat.
Nach bald 2000 Jahren männlich dominiertem Blick in kirchenpolitischen Themen ist es mehr als Gott gewollt, diesem oft allzu männlich klerikalen Blick einen anderen Blickwinkel hinzuzufügen. Wie sehen Frauen Frauenbiographien? In dieser Tradition bewegt sich diese Ausstellung. Es geht um Frauen in der Bibel. Mit dazu beitragen haben auch die Reformbewegungen über die feministische Theologie hinaus.
Also „Maria 2.0“ oder „Konzil von unten“ oder „out in Church“ sowie der „synodale Weg“, welcher als Antwort auf die Missbrauchs-Studien ins Leben gerufen wurde.
Innerhalb des 11. Diözesanrates unserer Diözese gibt es auch eine Gruppe von gewählten Vertretern aus Gemeinde, Dekanat und Priesterrat, die die Reformanliegen im Diözesanrat voranbringen. Deswegen wurde bei der konstituierenden Sitzung des Diözesanrates auch ein neuer Ausschuss ins Leben gerufen mit dem Erstnamen „Frauen stärken“. Schnell war der Gruppe klar, dass dieser Name nicht stimmt, weil Frauen nicht gestärkt werden müssen und so bekam der Ausschuss den Namen „Geschlechtergerechte Kirche“. Dieser Ausschuss ist fest in Frauen-Hand, 10 Frauen und 2 Priester, davon bin einer ich, bilden den Ausschuss. An dieser Zusammensetzung des Ausschusses wird für mich im Kleinen die ganze problematische Situation der Frau in der Kirche aufgezeigt. In diesen Ausschuss ist auch das Diözesanratsmitglied Maria Viktoria Heinrich gewählt worden.
Wie sie sich alle noch erinnern können, war 2022 der Katholikentag in Stuttgart zu Gast. Auch der Ausschuss „Geschlechtergerechte Kirche“ wollte sich beim Katholikentag präsentieren. Unter anderem ist die Idee entstanden, mit den Bildern von Maria Viktoria Heinrich eine Ausstellung auf dem Katholikentag zu diesem Thema zu gestalten. Was die genauen Gründe waren, warum diese Idee nicht umgesetzt wurde, kann ich nicht mehr sagen. Auf jeden Fall trug die geringe Teilnehmerzahl dazu bei.
Weil diese Idee beim Katholikentag nicht umgesetzt werden konnte, beschloss der Ausschuss „Geschlechtergerechte Kirche“, diese Bilder für die Ausstellungen in den Gemeinden anzubieten. Ich brachte diese Idee in die Gemeinde hinein und so können wir in den kommenden 3 Wochen hier, in Bruder Klaus, 9 der 70 Porträts von Frauen aus der Bibel besichtigen.
Soweit Punkt 1.
2. Punkt: Wie kam es zu dieser Ausstellung und in welchen Kontext ist diese Ausstellung einzuordnen? Kritischer Blick auf meine Biographie hinsichtlich dieses Themas - die Rolle der Frau in der Kirche.
Aufgewachsen bin in einer Familie mit klaren klassischen Rollenbildern. Dieser rein äußere Blick bekam nach dem Tot meines Vaters so manche Risse, dass meine Mutter mit meinem Vater eine sehr partnerschaftliche Herangehensweise gelebt hat. Der äußere Schein hielt der inneren Wirklichkeit nicht stand, so würde ich dies heute beschreiben. Doch als Kind und Jugendlicher war die Realität der äußere Schein. Und dieser äußere Schein hat das Leben geprägt und den Umgang mit dem weiblichen Geschlecht. Rückblickend muss ich heute eingestehen, ich habe durch mein damaliges Verhalten die Würde der Frau in einigen Fällen deutlich missachtet. Auch wenn dies manche mit pubertärer oder spätpubertärer Unreife versuchen, schön zu reden. Dieses war nicht in Ordnung und zeigt eine Grundhaltung, die Frauen nicht die gleiche Wertschätzung gab wie dem Mann.
Mein Geschichtslehrer in der Abitur-Zeit, Bruno F. Neuburger, sagte zum Abschluss über seinen Unterricht diesen Satz: „Meine Herrn, ich habe euch die Siegesgeschichte gelehrt. Lernt im Laufe eures Lebens die Geschichte der Opfer kennen, von denen keine Geschichte geschrieben wurde. Sie hatten auch Träume und Hoffnungen, welche ihr Leben geprägt haben, aber in der Siegesgeschichte des Geschichtsunterrichtes keinen Platz hatten." Dieser Satz ist für mich zum Türöffner geworden, nach den Opfern des Personenkreises zuschauen, welcher in der männerdominierten Kirchengeschichtsschreibung nicht beachtet wurden.
Zu diesem Türöffnersatz kam dann die theologische Erkenntnis, dass das vorherrschende katholische Glaubenssystem nicht dem entspricht, was Jesus von seiner Jüngergemeinschaft fordert. In den Evangelien wird Jesus für mich als ein Mann geschildert, der den Menschen, die seinerzeit unter die Räder des System kamen, Würde und Ansehen gab. Mit dieser Ausstellung soll mein Engagement für Würde und Ansehen der Frau in meiner Glaubensgemeinschaft sichtbar werden. Denn es gibt nichts Gutes, außer wir tun es.
Hier kann ich auch gut zu meinem dritten Punkt überleiten: Wozu machen wir diese Ausstellung?
Diese Ausstellung und die Präsentationen einzelner Frauen machen wir, um dem Reich Gottes auf Erden den Weg zu ebnen. Um unseren Teil einzubringen, dass das, was wir Sonntag für Sonntag als Glaubensgemeinschaft feiern, erfahrbar wir. Dass Wandlung sichtbar wird im konkreten Glaubensleben unserer Glaubensgemeinschaft. Denn für die Würde des Menschen, ob Mann, ob Frau, ob Kind gilt es immer wieder neu einzustehen. In meiner Glaubensgemeinschaft wird die Frau für mich systematisch dessen beraubt, was ihr von unserem dreifaltigen Gott her jedem Menschen zusteht. Diese Ausstellung trägt einen Teil dazu bei, diesem System entgegenzuwirken und so dem Reich Gottes den Weg zu ebnen.
Damit kann ich noch auf meinen 4 Punkt eingehen.
Von den 70 möglichen Porträts haben wir in unsere Ausstellung 9 augewählt.
Diese Begrenzung auf 9 hat einen ganz pragmatischen Grund. Ich habe verschiedene Personen aus dem näheren und größeren Umfeld der Gemeinde Bruder Klaus angefragt, ob sie sich vorstellen können, aus den vorgegebenen Porträts eine Person auszuwählen, um sie und ihre Geschichte zu präsentieren. Sich mit Personen des Glaubens, hier mit Frauen aus der Bibel zu beschäftigen, wird nicht ohne persönliche, biografische Vertiefung des Glaubens möglich sein. Ihnen allen ist gemeinsam, dass ihre Namen entweder im Alten- oder Neuen Testament erwähnt werden. Sie sind mindestens namentlich genannter Teil der Glaubensgeschichte des Volkes Gottes und somit auch Teil unserer Glaubensgeschichte.
Schon das erste Bild, neben der Plastik von Dorothee ihren Kindern und Bruder Klaus, macht sichtbar, um was es geht. Das Bild Magnifikat beinhaltet im Wort, was Gottes Programm mit uns Menschen ist. Meine Seele preist die Größe des Herrn, denn er macht mich und alle Menschen groß, weil er dem entwürdigten Menschen Ansehen gibt, den Verstorbenen wie auch den Lebenden. So danken wir der Künstlerin Maria Viktoria Heinrich aus Schwäbisch Hall, dass sie in ihrem künstlerischen Schaffen so mancher mir bekannten und auch unbekannten biblischen Frau mit ihren Bildern neue Glaubensimpulse gibt.
Guter Gott, ich bitte dich um deinen Segen, wirke durch diese Ausstellung segensreich in unsere Gesellschaft hinein, stärke uns zu einem mutigen Zeugnis in unsere Zeit, so wie es diese Frauen gemacht haben, in ihrer Zeit, damit dein Reich komme. Amen